Am Anfang


Willkommen an einem weiteren Brunnen in einer überhydrierten Wüste des Geistes!
Gewiss mag es sinnlos erscheinen, hier einen mehr oder weniger sinnvollen Beitrag
leisten zu wollen angesichts dieses Wustes an Informationen, Tipps und pseudophilosophischen sowie -literarischen Kommentaren zum Leben.
Aber was soll`s? Man kann es lesen oder kann es lassen, im Nachhinein ärgert man sich vielleicht über die vergeudete Zeit, oder man rettet sein Leben, vielleicht verwirre ich mehr, vielleicht bin ich die Nadel im Heuhaufen der letzten Strohhalme, wer kann das schon wissen...nichtsdestotrotz viel Spass und Inspiration beim Lesen.

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Die Philosophie der Schwerkraft

Spätestens seit Sir Isaac Newton wissen wir, dass alles einem gewissen Punkt zu fällt, nämlich dem schwersten, dem mit der meisten Anziehungskraft. Für uns auf der Erde heißt das, dass alles zum Erdmittelpunkt also nach unten fällt. Es heißt "physikalische Gesetze", also Dinge, die die materielle Welt betreffen und dennoch stellt sich die Frage, ob und warum die imateriellen Teile dieser Welt, im Speziellen unsere Persönlichkeit, Seele, Charakter usw. den gleichen Gesetzmäßigkeiten unterworfen sind.
Für mich steht eindeutig fest, dass die Feinstofflichkeit unseres Seins (also Charakter usw.) ebenjenen Regeln gehorcht, also eine Dynamik besitzt, die eindeutig nach unten gerichtet ist, einem Punkt zustrebt, der die größte Masse besitzt. Und jene Masse zeichnet sich durch einen instabilen Charakter aus, eine Zerüttung, Chaos, Dunkelheit, Depression, egal, wie man es nennen möchte. Unser Sein ist eine Metapher auf die Kugel, die in einer Spirale dem tiefsten Punkt zurollt, ohne eine erkennbare Außeneinwirkung zu erfahren während die entgegen gesetzte Richtung einer externen Energiequelle bedarf, im Konkreten also Hilfe von außen
z. Bsp. Freunde, Familie, Therapie, Medikamente und dergleichen.
Der Weg nach unten jedoch ist immer frei und ohne Kraftaufwendung zu gehen, man beginnt aus diversen, auch nicht ersichtlichen Gründen, sich in jener Spirale nach unten zu drehen, sei es durch Leugnung eines Problems, Stress, Sucht, Agression usw. Die Gründe sind ebenso vielfältig wie gefährlich.
Das ist das große Paradoxon menschlicher Existenz...unserer Natur nach streben wir immer dem Licht zu, dem höchsten Punkt und doch begeben wir uns bereitwillig und allein in die Dunkelheit, steigen in die Tiefen unserer Seele hinab und bedürfen in letzter Konsequenz fast ausnahmslos fremder Hilfe um den so offensichtlichen, da hellen Teil des Seins wieder zu erreichen, aus dem wir einst kamen.
Ich sage nicht, dass dieser Weg jedem einzelnen von uns bestimmt ist, aber fast jeder wird dies schon einmal erlebt und erst gemerkt haben, als man den Weg heraus allein nicht mehr finden konnte.
Und jeder, der sich schon einmal mit Mystizismus und Erleuchtung beschäftigt hat, weiß um die harte Arbeit, diese zu erreichen (Schimmel Annemarie: Sufismus; Watts, Alan: Vom Geist des Zen).
Dies muss kein erstrebbares Ziel sein, ich will damit nur zeigen, dass Leichtigkeit keine Sache des Seins ist, sondern immer Askese, Entbehrung und harter, geistiger Arbeit nachfolgt wogegen Geschichten wie die der Christiane F. zum Beispiel zeigen, wie leicht und willkürlich der Weg nach unten ist.
Aber ich schweife ab: nach dem bisher gesagten, klingt es so, als sei unser Charakter eine träge Masse, die wie jeder andere Körper physikalischen Gesetzen unterworfen ist. Zum Einen mag die Menge an Erfahrungen und scheinbar schlimmen und traumatischen Erlebnissen eine Ursache dafür sein, unser Weltbild dem bisher ausgeführten entsprechend zu konstruieren und zu glauben, der Weg ins Licht sei steinig und schwer.
Zum Anderen liegt es sicher auch an einem Art gesamt menschlichen Anspruch, Glück mit harter Arbeit zu verbinden. Ebenjener Anspruch führt zu bereits genannten Stress, der kompensiert werden muss und es bedarf keiner näheren Ausführung, wie diese Kompensierung meist aussieht...und damit ist der Weg nach unten frei. Somit ist jede Art von Druck, egal ob durch andere oder durch sich selbst ausgeübt, die Hauptkonstante für die "feinstoffliche Schwerkraft", die uns nach unten zieht.
Und trotzdem: werfen wir beide Paradigmen, scheinbare Gesetzmäßigkeiten, weg und machen uns davon frei, gäbe es auch jene Schwerkraft nicht. Erfahrungen müssen uns nicht belasten und der Wunsch, aus seinem Leben etwas zu machen, muss nicht unter Druck setzen. Objekte fallen nur Richtung Erdmittelpunkt, wenn sie schwerer als Luft sind und auch wenn wir manchmal das Gefühl haben, unsere Seele wiege Tonnen, so ist es unsere Gott gegebene Macht, jenes Gewicht selbst zu bestimmen.
Aber der Mensch ist nun mal das so oft beschworene Gewohnheitstier und somit nahm er das Gesetz der Schwerkraft irgendwann für sich selbst an und transformierte sein Leben dadurch in einen Kampf, hauptsächlich gegen sich selbst. Dass dieser Kampf aber aussichtslos ist, braucht man nicht weiter zu begründen...jener wird irgendwann wie zu einer obsessiven Arbeit an einer Skulptur, die in den Augen seines Schöpfers immer verbesserungswürdig wäre. 
Und dieser Kampf artikuliert sich im schlechten Gewissen, dass uns plagt, wenn wir etwas beenden oder stolz auf uns sein wollen: jenes mutiert wiederum zu Leistungsdruck, der befriedigt werden möchte, aber immer wieder durch dieses Gewissen angefeuert wird, bis wir irgendwann am Tiefpunkt jener Spirale angekommen sind.
Eine Patentlösung für den Ausbruch aus diesem Kreis gibt es aber nicht, außer vielleicht ein Minimum an Glaube an seine Taten und deren Sinngehalt.
Zusammenfassend sei gesagt: solang wir in dem Glauben leben, alles um uns herum belaste unsere Seele und ziehe sie unweigerlich nach unten, solang wird es auch so sein. Geben wir uns jedoch selbst eine minimale Chance, durch uns selbst jedes Gewicht in Licht zu transformieren, werden wir uns eines Tages frei von jeglicher Belastung machen können. Wenn wir glauben, alles werde von einer Masse angezogen, warum glauben wir dann nicht, dass wir wie Pflanzen Gift in Luft verwandeln können um bei der naturwissenschaftlichen Metapher zu bleiben...wenn wir also nicht daran glauben, dass wir nach unten gezogen werden, so wird uns auch nichts nach unten ziehen.
Das mag zu der Illusion verführen, dass uns gar nichts belasten könne und in einer Art Unnahbarkeit resultiere, aber das ist nicht mein Ziel. Eher geht es mir darum, aus destruktiven Erfahrungen einen konstruktiven Schluss zu ziehen und sich die Zeit zu nehmen, einen angemessenen Umgang mit seinen Problemen zu finden um nicht jene Konstante "Druck" wirken zu lassen, die diese Schwerkraft heraufbeschwört.
Um mit einem Zitat abzuschließen: "Der Mensch bringt sogar die Wüsten zum Blühen. Die einzige Wüste, die ihm noch Widerstand bietet, befindet sich in seinem Kopf." Ephraim Kishon

Freitag, 26. November 2010

Der Sinn in Verzicht

Gleich zu Beginn: die Welt ist voll von Möglichkeiten sich zu berauschen.
Einige mögen sagen, um das Bewusstsein zu erweitern, andere wiederum sich zu betäuben.
Allein in meinem Viertel mit knapp 40.000 Einwohnern gibt es zahllose Kneipen, Getränkeläden und ebenso viele verfügbare Liter Alkohol, den darum betriebenen Kult mal außen vor gelassen.
Bis hierhin spricht auch nichts dagegen, denn gesellige Runden fördern meist auch gute und tiefgehende Gespräche zu Tage oder eben einfach nur Spass.
Die Kultur des Rausches war schon immer ein polarisiertes und polarisierendes Thema, ein Historiker geht sogar soweit zu behaupten, der Wunsch nach Rausch sei die Initialzündung für den Beginn des Ackerbaus gewesen
(Mc Govern, Patrick: "Uncorking the past" Berkeley 2009), dazu möge sich jeder selbst ein Urteil bilden. Fakt ist auf jeden Fall, dass Alkohol sowohl als Fluch und auch Segen betrachtet wird, in letzter Konsequenz jedoch eher als Fluch.
Unlängst ist im Spiegel Magazin Nr. 49 eine Mordstatistik veröffentlicht wurden:
"Die meisten Gewalttaten im Baltikum werden unter Alkoholeinfluss begangen,...".
Gerade im (post-)pubertären und adoleszenten Umfeld findet ein regelrechter Kult statt, man brüstet sich damit, betrachtet Konsum als stark, männlich und als so erwähnenswert, als würde man einen Berg besteigen.
Die darin befindliche Stärke kann man besonders gut in Großraumdiskotheken und des nachts auf der Strasse beobachten...es hieß, der Verzicht braucht Willensstärke aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass, nennen wir es ruhig beim Namen, maßloses Saufen eine wesentlich größere Willensstärke voraussetzt und so gewinnt man den Eindruck, dass einige Menschen sich mit aller Kraft ihrer Realität zu entreißen versuchen. Unter diesem Punkt betrachtet sollte man bedenken, warum der Wille zur Realitätsflucht größer ist als sich dieser zu stellen.
Aber um ein Urteil bezüglich des individuellen Genusses oder Missbrauchs soll es hier nicht gehen und damit zum Eigentlichen:
Schmeißen wir alle Pro's und Kontra's weg!
Jedes "es enthemmt", jedes "Suchtgefahr", jedes "vergessen wollen" und jedes "Kontrollverlust"...
Zum Pro: keiner kann oder sollte belehren und jeder bestimmt sein eigenes Maß.
Zum Kontra: keiner sollte es für nötig erachten, in seinem Verzicht etwas besseres und erhabeneres zu sehen und schon gar nicht glauben, dadurch etwas erstrebenswertes vorzuleben, denn "das Maß bestimmt die Droge" und so ist es mit jeder Regung menschlichen Seins.
Der persönliche Verzicht sollte in keiner Relation zum Konsum stehen, denn dadurch entsteht ein überheblicher Beigeschmack.
Für Menschen mit spriritueller oder religiöser Affinität verbietet es sich ohnehin, da das Gebot des Verzichts in fast jeder Religion oder Glaubensgemeinschaft eine Rolle spielt. Nicht, dass Gott (in menschlichen Kategorien gesprochen) einen Mensch an seinem Konsum beurteilt wohl aber an den daraus resultierenden Handlungen (sonst hätte Jesus von Nazareth wohl kaum Wasser in Wein verwandelt). Auch wenn ich mich hier hauptsächlich auf den Alkohol beziehe, im Endeffekt betrachtet man diesen bitte auch als Metapher für jegliche Art von Rauschmittel.
Es ist Tatsache, dass Alkohol desensibilisiert, sowohl sich selbst als auch sein Umfeld, und er fokussiert den Willen so weit, dass er schon wieder beengt. Die Gedanken unterliegen der Willkür der Gefühle, ohne Gefühle als etwas verdammenswertes zu betrachten, allerdings sind beide wie Waagschalen, die nach Ausgleich streben. Somit ist jede Trunkenheit ein massiver Eingriff in das Gleichgewicht der Seele, von daraus resultierenden eventuellen Fehltritten einmal abgesehen.
Er mag enthemmend sein, aber er legt gleichzeitig auch einen Schleier über das Tun und vor allem das Denken. Man mag mir Angst vor Unkontrolierbarkeit vorwerfen aber es ist eher die Schönheit der Dinge, sieht man sie in klarem Geist und Augen, denn nach einer gewissen Zeit machte sich bei mir ein Gefühl tiefster Dankbarkeit bemerkbar. Jedes Lachen und jedes Gespräch mit Fremden scheint umso intensiver und lebensnaher, je klarer man sie erlebt.
Lässt man sich darauf ein und vergisst alles Selbstgerechte und Hemmende stellt sich ein Zustand absoluter Gegenwärtigkeit seiner selbst ein, der wesentlich mehr Raum für seinen Gegenüber lässt als jeder trunkene Liebesschwur.
Unser Körper trägt jede Art von Rausch in sich, aber diese frei zu setzen bedeutet auch, jedem körperfremden Rausch eine Absage zu erteilen.
Natürlich geht es dabei nicht nur um das Emfpinden sondern auch um die Industrie, die dahinter steht, ohne irgendwelche Klischees bestätigen zu wollen, dennoch ist es Tatsache, dass die Kommerzkultur, die um die Droge veranstaltet wird mehr als widerlich ist.
Eine Industrie, die uns darin "Freiheit" vorgaukeln will, die uns ein Gefühl von Verbundenheit schaffen will ohne die Konsequenz des sozialen Drucks zu beachten...ich spreche aus eigener Erfahrung, wenn ich sage, dass es weniger die persönliche Absage ist als die ständigen Fragen, Witze usw. die es ungemein schwer machen und mehr als ein Mal zum Einknicken bewegen können. Wie tief steckt diese "Rauschneurose" denn, wenn man in einem Verzicht eine Art Selbstgeißelung oder Aufgabe des Spasses betrachtet, sich das Klischee vom Tee trinkenden, schüchternen und verklemmten Sensibelchen aufdrängt?
Es geht darin auch um ein Aufwachen aus einer weiteren Lethargie, die uns diese Gesellschaft injiziert hat, mit der pubertären Neugier beginnt und unter Umständen ein Leben lang wirkt...Nur ein Verzicht befreit aus jener "Neurose" und macht den Blick klarer und weiter, jeder Griff zur Flasche schnürt diesen wieder enger.
Das mag der schwerere Weg sein, aber welcher Garten wurde an einem Tag bepflanzt?
Niemand soll hier belehrt werden oder dies als Gesetz betrachten, dies sind einzig und allein Erfahrungen meinerseits ohne jedes Urteil oder Überheblichkeit, der Gegenentwurf zur Rauschkultur:
Freiheit heißt auch, Freiheit in Ketten zu finden, aber diese Illusion ist es, die uns Freiheit nie in uns selbst erleben lässt und was nützen uns ungebundene Hände mit gebundenem Geist?

Samstag, 6. November 2010

Der Glaube

Marie von Ebner-Eschenbach sagte einmal: "Wer nichts weiß, muss alles glauben" und was sagt dieses Zitat anderes als dass Glaube und Wissen sich zueinander gegenläufig verhalten?
Aber ist dem wirklich so? Ist ein gläubiger Mensch wirklich nicht mehr als das Klischee vom naiven und fanatischen Gutmenschen?
Meiner Meinung nach kann man das getrost verneinen, denn was wäre jeder einzelne Mensch ohne Glaube?
Wie kann man diesen überhaupt definieren? Viele verschiedene Faktoren bedingen ebenjenen, so zum Beispiel Erfahrungen, Weltsicht, Erziehung (Hand in Hand mit Religion und Kultur), Vertrauen, Hoffnung usw.
Sicherlich gehört auch eine gewisse Konstruktion dazu, gerade dann, wenn Religion einen nicht unerheblichen Teil ausmacht (ohne Religion als reine, menschengemachte Konstruktion abzutun).
Fakt ist auf jeden Fall, dass Glaube wie alles Andere dynamisch ist und jeden Moment einer Veränderung und "Neujustierung" unterliegt und mit Sicherheit auch eine gewisse Veranlagung vorhanden ist, so etwas wie ein Urglaube,
also ähnlich dem Mutter bezogenen Urvertrauen von Säuglingen.
Die Frage, die sich dann aber aufdrängt ist die nach seinem Inhalt, also ob es eher etwas spirituelles ist oder die Grundlage für Bewusstsein.
Diese Frage sollte man offen lassen, denn diese ist ironischerweise Glaubenssache...
Insofern könnte man Ebner-Eschenbach zustimmen, denn Glaube ist auch etwas intuitives und gefühlsbetontes und hängt wenig von Wissen ab und ist für meine Begriffe eins der urtümlichsten Regungen menschlichen Seins.
Was nun  den Unterschied macht ist die Motivation, die inhaltliche Essenz des Glaubens. Zu Beginn: jeder Mensch glaubt und es ist eher sekundär, was in dessen Fokus steht, sei es nun Gott, Gaja, man selbst, Geld, ein politisches Ziel oder ein anderer Mensch...der Glaube ist es, was alle Menschen verbindet aber auch voneinander trennt.
Aber eben auch trennt. Und da kommt der Inhalt ins Spiel: so wie der geneigte Kommunist und der Neofaschist politische Todfeinde sind oder der katholische Christ und der Neoheide auch wenig Überschneidungen im Glauben haben so liegt ihre Gemeinsamkeit im Glaube an sich. Alle moralischen und ethischen Maßstäbe außen vor gelassen sind wir Menschen alle gläubig, auch der sogenannte Atheist, der sich selbst als ungläubig bezeichnet allerdings nur Gott gegenüber, aber wo liegt der Unterschied, wenn man sein Vertrauen in sich selbst oder in eine omninatürliche Figur setzt?
Meiner Meinung nach nirgendwo, denn jede Art von Glaube setzt spirituelle Kräfte frei, egal ob man sich dessen bewusst ist oder es überhaupt so nennen möche. "Mit Glauben allein kann man sehr wenig tun, aber ohne gar nichts" und genau darauf kommt es an, nicht so sehr an was, sondern dass wir überhaupt glauben. Ohne ebenjenen hätte ein Mensch keinen Lebenswillen.
Sicher mag es schwer oder nahezu unmöglich sein, den Glauben eines Menschen an sich zu achten, vor allem dann, wenn es der eigenen Moral und Ethik völlig widerspricht, aber verdient die Leidenschaft und Hoffnung (in seiner Summe ebenjener Glaube) eines jeden Menschen  nicht schon einen gewissen Respekt?
Das soll nicht aussschließen, menschenverachtende Ideologien oder ähnliches weiterhin zu bekämpfen, aber im Endeffekt ist jeder Glaube die Motivation, der Motor für die Erfüllung des ureigenen Willens und dementsprechend immer spirituell. Man mag das nun für liberales Gutmenschengewäsch halten, doch ich bin überzeugt, würde unser qualitatives Urteil über andere Menschen mehr von der Intensität des Glaubens und weniger von dessen Inhalten abhängen,
wir könnten in jedem Menschen etwas höheres und lichteres entdecken.
Das Urteil über eine Seele liegt sowieso nicht in unserer Hand, wozu also seine Energie darauf verwenden wenn statt Hass und Ablehnung Inspiration und Kommunikation möglich sind?
An etwas zu glauben kann also nie verwerflich sein, da es eine natürliche und angeborene Kanalisierung von Hoffnung und Vertrauen ist, egal welcher Art der Glaube ist. Ich betone das deshalb nochmal, weil nicht der Eindruck entstehen soll, dass man jeder Person, die eine inhumane Auffassung von der Welt hat, die Hand geschüttelt werden soll, aber man sich bemüht, die Seele derer versucht zu erfassen und nicht nur ihre selbst konstruierte Existenzberechtigung, denn diese ist, wie bereits erwähnt, ständigem Wandel unterworfen, aber die Seele ist das, was Bestand hat.

Samstag, 9. Oktober 2010

Realität

Realität...wer kennt nicht mindestens einen selbsternannten "Realisten" in seinem Kreis? Welchen Anpruch haben solche Menschen auf den sprichwörtlichen Durchblick?
Wer kann schon wirklich behaupten, von der Realität zu wissen, dessen, was uns immer einen Schritt voraus, sich unserem Griff entzieht?
Realisten sind allerhöchstens Menschen, die sich ihrer selbst konstruierten Wirklichkeit voll bewusst sind, doch das meint in keinster Weise das, was von Philosophen und Geistlichen gesucht und beschworen wird und von keinem normalen Menschen erreicht werden kann.
Diese Gesellschaft fordert von uns immer volle Verfügbarkeit, Kompetenz und Effizienz und zwingt jeden einzelnen buchstäblich zu einer unreflektierten Wirklichkeit, zu einer Konstruktion aufbauend auf seiner indiviuellen Erfahrung, Erziehung und Sicht auf das Leben.
Doch jede individuelle Wirklichkeit kann im Endeffekt keine sein, weil sie dynamisch ist, d.h. zum Beispiel unser Umgang mit gewissen Umständen, die uns gestern noch unlogisch und unannehmbar schienen, heute fester Bestandteil unserer Persönlichkeit sind, morgen jedoch schon wieder abgelehnt werden.
Wir können auch deswegen nicht von Realität sprechen, weil wir in unserer eigenen Welt das Maß aller Dinge darstellen, darin jedoch jeglichen Bezug zur Wirklichkeit des Universums verlieren.
Mathematik bezeichnen wir als Universalsprache ebenjenes Kosmos, doch blenden wir aus, dass auch Zahlen und Rechenoperationen menschlichen Ursprungs sind, eine Interpretation, ein globales humanoides Esperanto, wenn man so will, doch wer weiß schon, in welchen Kategorien die Allmacht "denkt", diese unsere Welt schuf...
Die menschliche Kategorie jedenfalls ist immer eine relativistische, denn wir müssen auf etwas Bezug nehmen um wenigstens eine (so paradox es klingen mag) Illusion von Realität herzustellen, denn autonom und autark kann ein Mensch nicht existieren, an sich ein offensichtlicher Indikator für die Lächerlichkeit unseres Realitätsbegriffs... Unsere ganz persönliche Wahrheit ist nichts weiter als die Summe unserer Erfahrungen, was nichts anderes ist als die Interpretation von Erlebnissen, welche wiederum von unserer Persönlicheit abhängen, die aus unseren Erfahrungen resultiert usw.
Erfahrungen sind Erfahrungen sind Erfahrungen sind "Realität".
Was uns von der Wirklichkeit trennt ist unser Ego, das nach Vorteil, Unversehrtheit und Überlegenheit strebt und uns demnach einem ungezügelten Ehrgeiz ausliefert, sich gegen die Welt stellt und schlussendlich völlig erstarrt oder zerrieben wird. Das Überangebot an Psychopharmaka, Therapeuten und Lebensratgebern sei hier der Indikator für das allgemeine, gestörte Verhältnis zur Wirklichkeit.
Der Buddhismus lehrt etwas, was er die "acht Versenkungsstufen",
das achte Pfadglied nennt, eine Möglichkeit aus dem (Teufels-)Kreis des Egos auszubrechen und Realtität wenigstens in Bruchteilen zu erfahren, doch auch dies ist im Endeffekt menschlich behaftet. 
Um absolute Realität zu erfahren, müsste man alles menschliche ablegen, seiner eigenen Wirklichkeit, seiner Persönlichkeit und damit seinem bisherigen Leben abschwören, allem, von dem wir glauben, dass es uns zu dem macht, was wir sind. Momente unreflektierter Hingabe und Liebe geben uns möglicherweise einen kleinen Einblick, eine Ahnung von absoluter Wirklichkeit, soll heißen, 
je weniger wir uns unserer Handlungen und unseres Ichs bewusst sind, umso näher kommen wir dem Leben und damit der Realität oder nach Wilhelm Busch:
"Des Geistes Kraft allein, schneidet in die Seele ein."
Das Problem, was sich beim Verfassen dieses Textes zwangsläufig offenbart, ist das Dilemma nach dessen Wahrheitsanspruch, denn auch dies ist eine Sammlung von Erfahrungen und Gedanken und damit genauso Teil einer Persönlichkeit wie jeder andere Anspruch auf Wirklichkeit.
Somit dreht sich jeder, der sich damit auseinandersetzt, früher oder später im Kreis, doch er Schritt in die richtige Richtung ist getan, wenn man sich selbst nicht mehr als Maßstab und absolut betrachtet.
Jeder formuliert seine eigene Realität, deren Summe wird deswegen trotzdem nicht realer, doch seine Mitmenschen nicht mehr allein durch den Filter seines Egos zu betrachten, ihn zu akzeptieren als eine Offenbarung kosmischer Realität und sich dessen hinzugeben, lässt einen vielleicht irgendwann Teil haben an ebenjener...zum Abschluss noch ein Zitat aus dem Zenbuddhismus:
"Wahrheit ist wie der Wind, sobald man ihn ergreifen kann, ist er nicht länger Wind."




Mittwoch, 25. August 2010

Philosophie der Angst

Angst. Wir alle haben Angst. Eine unserer natürlichsten und ursprünglichsten Empfindungen die in früherer Zeit sicher ihren Nutzen hatte. Doch was ist mit heute? Welche Angst und welche Sorge ist heute noch gerechtfertigt in unseren Blasen, in denen wir leben?
Wie kann es sein, dass in diesen Zeiten jede Angst in existenzbedrohendem Ausmaß über uns kommt?
Unser Leben wird mehr von Angst bestimmt, als wir uns das vielleicht eingestehen wollen oder eher können. Jede Moral, jedes Gesetz erhält sich allein durch die Angst vor dessen Übertretung und der damit einhergehenden Ablehnung, Bestrafung und dergleichen.
Jede unserer Entscheidungen erfordert Mut. Und Mut setzt Angst voraus. Und für wieviele dieser Entscheidungen fehlt uns der Mut, sodass wir sie aufschieben oder anderen überlassen... Angst rechtfertigt unsere Ablehnung ggü. der Verantwortung, d.h. für seine Taten und Entschlüsse selbst die Konsequenzen zu tragen und sich zu behaupten.
Angst ist der Grund für Dinge wie Hass, Abgrenzung, Depression...denn auf ein und derselben Erde wachsen viele Pflanzen, doch auch die schönsten Blumen können dort blühen.
Die Angst ist das Unkraut dieser Erde, denn sie überschattet unser Sein, um uns vor uns selbst zu schützen, zu verhindern, dass wir uns selbst erleben und erfahren, wer und was wir wirklich sind.
Sie ist der Schutzschild unseres Egos um zu bewahren, was und wie wir uns selbst konstruiert haben (auch entgegen unseres tatsächlichen Willens) mit unseren Ansichten, unserem Verhalten anderen gegenüber, unserem Karriereziel, meinetwegen auch mit unseren sexuellen Vorlieben...
Der Leser wird sich jetzt vielleicht fragen, ob hier nicht ein wenig übertrieben wird und das mag vielleicht so sein, doch wer einmal in einer schwierigen Situation steckt, wird sich hieran vielleicht erinnern und da mag es vielleicht nicht mehr so klingen.
Angst ist Prüfstein, dessen Existenzberechtigung in seiner Überwindung liegt , etwas, das uns beunruhigen darf, da es unnachgiebig mit dem Finger auf unsere persönliche Realität zeigt. Sie ist nicht etwas, dass man vermeiden oder verteufeln sollte, denn sie ist die Messlatte unseres Charakters, etwas, dass uns dazu zwingt, sich dem zu stellen , was uns bedrohlich oder unüberwindbar erscheint. An ihr misst sich der Wert unserer Erfahrungen und unsere Bereitschaft, uns selbst anzunehmen.
Wer der Angst folgt, baut auf tönern Füßen das Haus seiner Seele aber wer lernt,
seine Angst zu überwinden, kann wirklich und wahrhaftig sich selbst vertrauen.